Staugefahr im Gehirn

Erstveröffentlichung: SanitÀtshaus Aktuell

Rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind dement, zwei Drittel davon haben die Alzheimer-Demenz. Die Hilfe fĂŒr die Betroffenen wird glĂŒcklicherweise immer besser – auch, weil darĂŒber gesprochen wird. Auch das SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin sprach darĂŒber mit Experten aus dem SanitĂ€tshaus und der Medizin.

Von Michi Jo Standl

Dass der Mallorca-Urlaub vor vier Jahren ihr Leben verĂ€ndern sollte, wusste Johanna Althuss* noch nicht, als sie mit ihrer Tochter Saskia Karlmann* auf dem Flughafen Köln-Bonn in die Maschine stieg. Am Abend des Ankunftstages verabredeten sich die beiden in der Hotellobby. Doch die Seniorin kam nicht. Nach einer halben Stunde machte sich Saskia Karlmann auf die Suche. Schließlich fand sie ihre Mutter am anderen Ende des Hotels. Obwohl Johanna Althuss’ Zimmer in der NĂ€he der Rezeption war, fand sie sich nicht zurecht. Wieder zuhause dann die erschreckende Diagnose: Demenz!

Anzeichen ernst nehmen

„Orientierungslosigkeit ist ein typisches Anzeichen fĂŒr den Beginn der Krankheit“, erklĂ€rt Dr. Tilmann Fey, Chefarzt der Gerontopsychiatrie der LWL-Klinik MĂŒnster. „Betroffene finden sich in einer neuen Umgebung nicht zurecht.“ Johanna Althuss hat zwar gewusst, dass sie verabredet ist, war aber orientierungslos. Ein weiteres Anzeichen sei aber auch, wenn man Vereinbarungen schlicht nicht mehr weiß, so Fey, der auch Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft in MĂŒnster ist. „Menschen, die an Demenz leiden, wissen von gar nichts, wenn sie zum Beispiel auf einen versĂ€umten Termin angesprochen werden“, sagt Fey. Weitere Symptome seien, wenn jemandem
einfache Worte nicht mehr einfallen oder dauerhafte Konzentrationsstörungen, so der Arzt. Auch die Motorik kann erheblich beeintrÀchtigt werden.

VielfÀltige Formen

„Demenz wird landlĂ€ufig oft mit Alzheimer verwechselt“, so Fey. Alzheimer-Demenz sei eine Unterart und gleichzeitig die hĂ€ufigste Form. Dabei sterben Nervenzellen, die fĂŒr die reibungslose Weiterleitung von Informationen notwendig sind, ab. Die Weiterleitung von Informationen wird blockiert und sie erreichen ihren Teil des Gehirns nicht. Die wirklichen Ursachen der Demenz sind weitgehend noch immer nicht erforscht. Doch Tatsache ist: Es kann jeden treffen. „Demenz ist eine sozial gerechte Krankheit“, sagt Fey. Geistige und körperliche AktivitĂ€t können allerdings zur Vorbeugung beitragen. „Daher kann es helfen, wenn man sich im Alter mit etwas beschĂ€ftigt“, so Frey weiter. Das verzögere den Ausbruch und den Verlauf der Krankheit, weiß der Mediziner. Das können schon ein wöchentliches Kartenspielen oder andere regelmĂ€ĂŸige Kontakte sein. So gut wie alle Demenzkrankheiten sind noch nicht heilbar. Zu den seltenen, ursĂ€chlich behandelbaren Formen gehört der Normaldruckhydrocephalus („Altershirndruck“), vorausgesetzt, er wird erkannt. Medikamente und Therapien verzögern Demenz und sorgen fĂŒr ein möglichst langes selbstĂ€ndiges Leben. Lange war Demenz, Ă€hnlich wie Depression, ein Tabuthema. Dass die Krankheit immer mehr an Öffentlichkeit gewinnt, trĂ€gt auch zum Erfolg der Forschung bei.

Das Leben erleichtern

Das Leben von Menschen mit Demenz so lebenswert wie möglich zu machen, haben sich auch SanitĂ€tshĂ€user zur Aufgabe gemacht. „Dabei geht es vor allem um SturzprĂ€vention und MangelernĂ€hrung“, erklĂ€rt Claudia Schmidt, Bereichsleiterin im SanitĂ€tshaus Weinmann mit Hauptsitz in Göppingen und weiteren sechs Standorten. „Wir versorgen Patienten zum Beispiel mit Sturzhelmen, Rollatoren und Gehstöcken“, so die examinierte Pflegefachkraft. Das Unternehmen wurde 1975 von den Eltern des heutigen GeschĂ€ftsfĂŒhrers, Jörg Weinmann, gegrĂŒndet. „Seit der GrĂŒndung hat sich die medizinische Versorgung erheblich gewandelt“, sagt Weinmann. „Deshalb haben wir fĂŒr alle Belange Fachabteilungen und Kompetenzzentren geschaffen.“ Die Pflege von dementen Angehörigen stellt eine enorme Herausforderung dar. „Da wir im Außendienst nur mit ausgebildeten PflegefachkrĂ€ften arbeiten, ist nicht nur Kompetenz gewĂ€hrleistet, sondern auch die notwendige seelische StĂ€rke der Mitarbeiterinnen“, erklĂ€rt Weinmann. Claudia Schmidt fĂŒgt hinzu: „Der Patient liegt uns am Herzen. Seine Versorgung zu
optimieren ist unser Ziel.“

Akademie schafft Kompetenz

HerzstĂŒck des schwĂ€bischen SanitĂ€tshauses ist die Weinmann-Akademie. In dem Fort- und Weiterbildungszentrum steht die Zusammenarbeit mit Ärzten, Pflegepersonal, Therapeuten und Angehörigen im Mittelpunkt. „Die Seminare werden stark nachgefragt“, freut sich Weinmann. FĂŒr rechtliche Fragen rund um Pflege steht außerdem ein Anwalt zur VerfĂŒgung. „Unser Ziel ist es, ĂŒber alle Fachgebiete dem Anspruch der Kunden fĂŒr eine individuelle und optimale Versorgung gerecht zu werden“, so Weinmann.