Erstveröffentlichung: Magazin „trailer world“ / Artikelbild: Wallenborn Transports S.A.
Luftfracht, Medikamente oder sensible Hightech-Produkte: Wallenborn Transports S.A. steuert seine Transporte weltweit aus einem Dorf in Luxemburg â webbasiertes KĂŒhlkettenmanagement inklusive.
Von Michi Jo Standl
Schon beim Betreten des ZentralgebĂ€udes im luxemburgischen Munsbach spĂŒrt man: Bei Wallenborn Transports S.A. ist die Digitalisierung angekommen. Vor allem, wenn man einen Blick in den âControl Towerâ wirft, wie Jason Breakwell, kaufmĂ€nnischer Leiter des Unternehmens, den Kontrollraum im Erdgeschoss nennt. Dort hat ein Team von Mitarbeitern rund um die Uhr alle Transporte weltweit im Auge und kann gegebenenfalls eingreifen.
Das Unternehmen wurde 1920 gegrĂŒndet, heute wird es von Frantz Wallenborn geleitet und unterhĂ€lt insgesamt 15 BĂŒros in Europa und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die beiden BĂŒros in Dubai und Sharjah arbeiten gröĂtenteils autonom. âDiese Standorte decken den Mittleren, aber auch den Fernen Osten abâ, erklĂ€rt der Brite Breakwell und erzĂ€hlt, dass in den Emiraten sogar eigene Fahrzeuge stationiert sind. Das vor zwei Jahren eröffnete Wiener BuÌro ermöglicht dem Global Player Wallenborn zudem, die MĂ€rkte in Osteuropa zu erschlieĂen. Weitere Standorte werden dieses Jahr noch folgen.
Hohe AnsprĂŒche an RFS-Anbieter
Neben StraĂen-, Sicherheits- und temperaturkontrollierten Transporten macht Air Cargo RFS, also der Luftfrachtersatzverkehr, 45 Prozent des Portfolios aus. Wallenborn ist schon seit den 1980er-Jahren in diesem Segment tĂ€tig und inzwischen Europas gröĂter Anbieter. Aufgrund der internationalen Entwicklung im Luftfrachtbereich begann das Unternehmen fruÌhzeitig damit, ein kundenspezifisches Supply Chain Management aufzubauen. Es verbindet zum Beispiel die FlughĂ€fen Frankfurt, Luxemburg und Amsterdam, aber auch Wien und MuÌnchen sowie London, Barcelona, Kopenhagen mit dem gesamten europĂ€ischen Kontinent. âDie Airlines sind anspruchsvoller gewordenâ, sagt Breakwell. Das liege nicht zuletzt an den steigenden Anforderungen bezĂŒglich der Ladungen â etwa bei sensiblen Hightech-Produkten. Auch die Margen seien straffer geworden. Diese hohen AnsprĂŒche hĂ€tten weltweit zu Fusionen in der Logistikbranche gefuÌhrt. Um wettbewerbsfĂ€hig zu bleiben, blieb deshalb auch dem Familienunternehmen nichts anderes uĂŒbrig, als voll in die Digitalisierung einzusteigen und dadurch die Effizienz seiner AblĂ€ufe deutlich zu erhöhen. âWir verstehen den Wert der Technikâ, sagt Breakwell. Das Internet der Dinge verĂ€ndere nicht nur den Transport selbst, sondern auch die Arbeit und das Leben. âWenn man die globale Entwicklung nicht versteht, bleibt man nicht wettbewerbsfĂ€higâ, so Breakwell.
Webbasierte Kontrolle weltweit
Das Ergebnis der digitalen Offensive ist ein eigener 4PL-Service: So ist Wallenborn auch beim Supply Chain Management autark. Ein âFourth Party Logistics Providerâ, also ein externer Dienstleister, wird nicht benötigt. In den Wallenborn-Vertriebs-Servicezentren auf uÌber 120 FlughĂ€fen kĂŒmmern sich Teams um die komplette Abfertigung. Mit Cargo-IMP ist die schnelle Kommunikation der Airlines mit allen Beteiligten der Logistikkette gesichert: âCargo Interchange Message Proceduresâ ist ein Interorganisationssystem, mit dem die Unternehmen â unabhĂ€ngig von ihren jeweiligen einzelnen Systemen â kommunizieren können. âEin gut funktionierender Austausch ist vor allem in kritischen Situationen notwendigâ, so Breakwell. Die 24/7-Ăberwachung spielt auch bei Wallenborns Sicherheitstransporten eine wichtige Rolle, wenn es zum Beispiel um die Alarmierung bei Einbruch in
den Trailer geht.
Auch temperaturkontrollierte Transporte erfordern hohe SensibilitĂ€t und viel Knowhow. So sollten beispielsweise Blumen, welche die Airlines aus Ostafrika und SĂŒdamerika nach Europa bringen, bei konstanter Temperatur transportiert werden, damit sie lange haltbar bleiben. Das gilt auch fuÌr Lebensmittel, aber genauso fuÌr Elektronikteile wie Chips fuÌr Smartphones und Computer. Und fĂŒr Pharmaprodukte, die vor allem von Europa nach Asien und von Nordamerika nach Europa transportiert werden und auf die das Unternehmen sich spezialisiert hat. Im Jahr 2013 erhielt Wallenborn Transports
als erster luxemburgischer Transportdienstleister das GDP-Zertifikat, das entsprechende Unternehmen kennzeichnet. Um das Zertifikat zu bekommen und den QualitĂ€tsstandard zu halten, muĂŒssen regelmĂ€Ăige Audits und Schulungen der Mitarbeiter durchgefuÌhrt werden. Auch die Sauberkeit der Container hat sehr hohe PrioritĂ€t und wird stĂ€ndig kontrolliert.
Extreme Temperaturschwankungen
Individuelle Telematik-Lösungen ermöglichen es, die Temperaturen an den jeweiligen Standort, also an die spezifischen Ă€uĂeren EinfluÌsse, anzupassen â gesteuert aus dem Kontrollraum in Munsbach. Denn ein Container kann schon mal AuĂentemperaturen von plus 50 Grad Celsius in Afrika bis minus 50 Grad Celsius auf 11.000 Meter Flughöhe ausgesetzt sein. âMit den Ăberwachungs- und Interventionstechnologien können wir Containertemperaturen zentral verfolgen und steuern sowie unseren Kunden vollen Datenzugriff ermöglichenâ, so Breakwell. Die jeweils benötigte Temperatur kann auf Werte zwischen minus 25 und plus 30 Grad Celsius eingependelt werden. Um alle VorgĂ€nge nachvollziehbar zu machen, wird ein umfassendes Protokoll aufgezeichnet und ausgegeben.
Beim Catering fuÌr GroĂevents wie den Formel-1-Grand Prix kommen Wallenborn die Erfahrungen mit verderblichen GĂŒtern ebenfalls zugute. Im Formel-1-Zirkus hat sich das Unternehmen auch im Transport von TeamunterkuÌnften und Equipment etabliert. âWir sind europaweit unterwegs, PĂŒnktlichkeit und VerlĂ€sslichkeit haben oberste PrioritĂ€tâ, so Breakwell. Deshalb setzt Wallenborn auf Lösungen von BPW.
Die beiden Traditionsunternehmen verbindet eine langjĂ€hrige Zusammenarbeit. So sind die Trailer von Wallenborn ĂŒberwiegend mit Fahrwerken von BPW ausgestattet. Dank der MobilitĂ€tspartnerschaft und dem weltweiten Service-Netz findet der Fahrer im Bedarfsfall umgehend professionelle Hilfe und der Lkw ist schnell wieder auf der StraĂe.
Globale Marktbeobachtung
FuÌr die Zukunft konzentriert sich Wallenborn darauf, seine AktivitĂ€ten in Osteuropa zu stĂ€rken, fasst aber auch GrĂŒndungen in China ins Auge. âWir arbeiten bereits mit zahlreichen asiatischen Airlines zusammenâ, so Breakwell. Mit der Provinz Henan hat das Unternehmen bereits 2015 eine Verhandlungsvereinbarung unterschrieben. Vor allem landwirtschaftliche Produkte spielen fuÌr die ostchinesische Region eine Rolle â ein Markt fuÌr temperaturgefĂŒhrte Transporte. Mehrere Partner-Airlines von Wallenborn sind bereits vor Ort tĂ€tig. âWenn wir uÌber die GrĂŒndung neuer Standorte nachdenken, entscheiden wir sowohl bedarfsorientiert als auch nach ökonomischen und praktischen Faktoren. Wir uÌberlegen, ob Kunden in den jeweiligen Regionen von unseren Spezialisierungen profitieren können. Danach entscheiden wir.â
»Um wettbewerbsfĂ€hig zu bleiben, mĂŒssen wir den Wert der Technik verstehen.«
Jason Breakwell, kaufmÀnnischer Leiter von Wallenborn Transports S.A.
Wallenborn Transports S.A.
1920 als regionale Firma gegruÌndet, kann Wallenborn Transports S.A. auf eine fast hundertjĂ€hrige Firmengeschichte zuruÌckblicken. Seit den 1980er-Jahren ist das Unternehmen im Luftfracht-Segment tĂ€tig und konnte dieses kontinuierlich ausbauen. Als heute gröĂter Air-Cargo-RFS-Anbieter Europas befördert das luxemburgische Familienunternehmen heute uÌber 400.000 Sendungen und 3 Millionen Tonnen pro Jahr. 800 Lkws sind tĂ€glich in Europa und den Vereinigten Arabischen Emiraten unter Wallenborns Kontrolle unterwegs. Wallenborn ist mit Teams auf uÌber 120 FlughĂ€fen prĂ€sent. Das Netzwerk an Standorten, derzeit 15 BuÌros in 12 LĂ€ndern, wird stĂ€ndig erweitert, um neue MĂ€rkte zu erschlieĂen.